Schaaner-Ried Chronik

Das Schaaner Ried Fahren in Frastanz - ein

ungewöhnlicher Fasnachtsbrauch in Vorarlberg!

 

der alljährlich am Fasnachtsmontag und eigentümlicherweise erst nach Einbruch der Dunkelheit abgehalten wird. 

Über den Verlauf dieses einzigartigen Nachtumzuges im Land lassen wir uns am besten durch eine alte Chronik informieren, die zu Beginn unseres Jahrhunderts von einem hiesigen Dorfschullehrer abgefaßt wurde.

 

Zitat:

 

„Ein besonderer Faschingsulk spielte sich darhier alljährlich am Faschingsdienstag vor Mitternacht schon seit hundert und mehr Jahren ab.

Die alten Jungfrauen und Jünglinge, die Stehengebliebenen, werden von den Junggesellen unter dem Getöse von Alpschellen, begleitet von großem Lärm, Trommeln usw. eingeladen, mit in das Schaaner-Ried zu gehen, um dort geistliche weibliche Handarbeit, als da sind: Ameisen ringla, Holzöpfel biega, Kräsnodla spitza, Binsa zweia und dergleichen mehr zu verrichten. Die Jungfrauen werden alle beim Umzug durch das Dorf in lautem, feierlichen Tone vom Ausrufer, der nobel adjustiert ist und hoch zu Pferde sitzt, mit Namen gerufen.

 Ein solcher Zug durch die Straße wird von vielen Zuschauern belacht und begrüßt. Im Jahre 1910 wurde über Klage Beleidigter und dem kirchlichen Oberhaupt des Ortes dieser Brauch von der kaiserlich königlichen Bezirkshauptmannschaft als nächtlicher Unfug und Ruhestörung gänzlich verboten;

 Allein die Frastanzer ließen sich das nicht gefallen, sondern hielten den Umzug in imposanter Weise mit Pferden, Wagen und Musik und einer Masse von Teilnehmern anstatt Dienstag schon am Montag von abends an bis nachts um 10 Uhr mit allem Anstande. Damit war die Sache abgetan“.

Soweit die Chronik. 

Uns soll aber in diesem Zusammenhang nicht nur der Ablauf dieses einzigartigen Umzug interessieren, sondern natürlich auch seine Entstehung und wie er zu seinem ungewöhnlichen Namen gekommen ist.

Wer nun darauf hofft, in Archiven oder Bibliotheken diesbezügliche Aufzeichnungen vorzufinden, wird enttäuscht sein. Mit Ausnahme der erwähnten Dorfchronik fehlen nämlich ältere schriftliche Nachrichten fast vollständig.

Wie so oft beim dörflichen Brauchtumsgeschehen sind wir auch hier auf die mündliche Überlieferung angewiesen, und da zeigt es sich, daß sich im Gedächtnis des Volkes die Anfänge dieses Brauches recht deutlich erhalten haben.

Danach besaßen Frastanzer Bauern im 19. Jahrhundert unter anderem auch größere Riedgrundstücke im liechtensteinischen Schaan. Um nun diese fernen Besitzungen vor fremdem Weidegang zu schützen, hielten sie sich Dienstleute, die sogenannten „Züner“, die den Auftrag hatten, diese Grundstücke einzuzäunen und stets auf einen guten Erhaltungszustand der Einfriedungen zu achten.

Bestand nun die Aussicht, daß eine solche Riedwiese als Mitgift bei einer Heirat einen neuen Besitzer bekommen sollte, so wurde die bevorstehende Hochzeit mit dem Satz „d'Züner sind i'glada zum's Land neu i'züna“ angekündigt.

Aber auch als geheimer Treffpunkt künftiger Brautleute erfreuten sich diese abgelegenen Riede einer gewissen Beliebtheit, vor allem dann, wenn die Eltern der Paare nicht mit der geplanten Verbindung einverstanden waren und man bei der „Stubate“ keine ungebetenen Zeugen gebrauchen konnte.

 

Als im Laufe der Zeit diese Riede allmählich wieder in liechtensteinischen Besitz übergegangen waren, beschlossen die Frastanzer zur Erinnerung an die ausgestandenen Liebesnöte, alljährlich einen närrischen Nachtumzug abzuhalten.

Dabei wurde natürlich nur sinnbildlich ins Schaaner-Ried gefahren, die Gemeindegrenzen hat dieser Umzug nämlich nie verlassen.

Dafür waren diese früheren Besitzungen denn doch zu weit entfernt. Für die aktive Teilnahme am Umzug kamen stets nur junge unverheiratete Burschen in Betracht, die sich die günstige Gelegenheit natürlich nicht entgehen ließen, wenigstens einmal im Jahr ihre überschüssigen Kräfte loszuwerden.

Dementsprechend ging es dabei immer recht hoch her, und die gewaltige Lärmentwicklung, die dabei bis heute unverändert entfaltet wird, kann geradezu als Merkmal dieses närrischen Treibens angesehen werden.

Die Spitze des Umzuges stellten stets die sogenannten „Geißler“ die wahrscheinlich den besitzenden Bauernstand repräsentieren sollten und mit ihrem wilden peitschengeknalle viele ängstliche Zaungäste hinter die sicheren Hausmauern vertrieben.

Danach kamen die „Züner“, die wohl den hohen Stellenwert der „Schaaner - Ried - Gründe“ als Mitgift symbolisieren sollten und an den mitgeführten Äxten und Zaunpfählen erkenntlich waren.

Mit diesen ging auch ein „Tanzpärle“, das unter Musikbegleitung durch die Gassen wirbelte und die Zuschauer zum Mitmachen und mittanzen aufforderte.

Diesem folgte dann als wichtigste Person des ganzen Treibens der „Usrüafer“, der seiner delikaten Aufgabe prächtig gewandet und meist hoch zu Roß nachgekommen ist.

Ihm oblag es nun, die Jungfrauen und Jünglinge des Dorfes, die das 30. bzw. 35. Lebensjahr bereits überschritten hatten, mit launigen Worten aus ihren Behausungen zu locken und sie zum besseren gegenseitigen Kennenlernen zum „Schaaner-Ried Fahren“ einzuladen.

Gelang ihm dies, wurden die Altledigen auf den eigens mitgeführten „Ledigenkarren“ verfrachtet und beim Umzug mitgeführt. Die „Räri“, eine Gruppe vermummter Klageweiber, machten zudem mit lautem Heulen und Wehklagen auf das freudlose Dasein dieser Ehelosen aufmerksam. Den Schluss bildeten schließlich Trommler und Scheller, das sogenannte „Gröll“, das mit seinen Schlegeln, Fässern und Plumpen ein gewaltiges Getöse entfaltete.

Erfreulicherweise hat sich dieser originelle Faschingsbrauch in Frastanz bis heute fast unverändert erhalten. Natürlich nützen inzwischen die verschiedenen Faschingsvereinigungen der umliegenden Gemeinden die Gelegenheit, hier ihre liebevoll geschmückten Umzugswagen noch einmal vorführen zu können und auch die moderne Zeit fordert ihren Tribut in Form verschiedener Musikgruppen und Mädchengarden.

So ist in den letzten Jahren aus dem Schaaner-Ried Fahren, an dem in der Nachkriegszeit nicht mehr als 20 Personen aktiv beteiligt waren, heute eine Großveranstaltung geworden, die aber ihren ursprünglichen Charakter nie verloren hat.

Seit den Sechziger Jahren (1964) sorgt das örtliche Faschingskomitee alljährlich für den reibungslosen Ablauf dieser Darbietung und sichert somit ihren Weiterbestand auch in fernerer Zukunft.

Dies ist sehr wichtig, da nach einer alten Überlieferung zufolge, muss der Umzug jedes Jahr durchgeführt werden. Fällt er einmal aus, darf er nicht wieder veranstaltet werden. Ursprünglich wurde das Schaaner-Ried-Fahren am Faschingsdienstag durchgeführt. Allerdings soll sich um das Jahr 1910 herum, der Dorfpfarrer darüber beschwert haben, dass immer bis in den Aschermittwoch hinein gefeiert worden ist. Aus diesem Grund wurde der Nacht­umzug auf den Rosenmontag vorverlegt.



Wer also Lust verspürt, mit ins „Schaaner-Ried“ zu fahren, möge sich am Faschingsmontag um 19°° beim Rathaus in Frastanz einfinden, wo die Lustbarkeit mit der Vorstellung der einzelnen Gruppen ihren Ausgang nimmt.

 

Welche Utensilien dabei unbedingt mitzubringen sind, geht aus dem offiziellen Einladungstext hervor, der da lautet:

 

„d'Wieber söllen s'Sacktüachle net vergessa zum Rära,

und d'Maasbilder söllen d'Äxt net vergessa zum züna!“

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